Neubaustrecke hätte Chaos-Tag vermieden

von Rainer Engel | Flexibleres Eisenbahnnetz durch Neubaustrecke für Ostwestfalen-Lippe lebenswichtig

Eine Bahn-Neubaustrecke von Bielefeld nach Hannover verhindert, dass Ostwestfalen-Lippe bei jeder Störung von Bahnverkehr abgeschnitten wird. Dies stellt der Fahrgastverband PRO BAHN fest, nachdem am 2. Juni 2022 Bielefeld und große Teile von Ostwestfalen-Lippe nicht mehr mit dem Zug erreichbar waren und Fahrgäste stundenlange Verspätungen hinnehmen mussten. Der Fahrgastverband fordert Politiker und Bürger der Region auf, über den Bau der Bahn-Neubaustrecke von Bielefeld nach Hannover neu nachzudenken. Der immer wieder geforderte Ausbau der Bestandsstrecke über Minden kann nicht verhindern, dass Bielefeld bei jeder Störung vom Fernverkehr abgeschnitten wird.

„Am 2, Juni waren Bielefeld und große Teile von Ostwestfalen-Lippe aus vielen Teilen Deutschlands nicht mehr mit der Bahn erreichbar“, beschreibt Rainer Engel, stellvertretender Landesvorsitzender des Fahrgastverbands PRO BAHN die Lage. „Um überhaupt durchzukommen, mussten viele Bürger aus OWL sich in überfüllte Ersatzbusse und Regionalbahnen quetschen oder stundenlange Umwege fahren. Fahrgäste zwischen Ruhrgebiet und Berlin hatten mehr als eine Stunde Verspätung. Viele Züge fielen aus.  Das alles wäre nicht nötig gewesen, wenn es die in Planung befindliche Bahn-Neubaustrecke zwischen Bielefeld und Hannover schon gäbe.“ Am 2. Juni hatte ein entgleister Zug den Bahnhof Minden blockiert.

„Auf 150 Kilometer Strecke genügt ein umgefallener Baum oder eine kaputte Brücke oder ein anderes Ereignis, um Ostwestfalen-Lippe vom Bahnverkehr weitgehend abzuschneiden“, erklärt Engel. „Alle ICE-Züge müssen dann weiträumig umgeleitet werden, haben große Verspätungen und fahren von Dortmund bis Hannover an unserer Region ohne Halt vorbei. Dass ein ICE-Bahnhof wie Bielefeld überhaupt nicht mehr erreichbar ist, wenn der Bahnverkehr viele Kilometer entfernt gestört ist, ist ein unhaltbarer Zustand, und dieser ist bundesweit fast einmalig. Der Chaos-Tag am 2. Juni hat wieder einmal gezeigt, dass zwei neue Gleise von Bielefeld nach Hannover nicht entlang der vorhandenen Strecke gebaut werden dürfen.“

Wer in Ostwestfalen-Lippe am 2. Juni mit dem Zug unterwegs war, musste auch im Kreis Lippe und im Paderborner Raum derbe Verspätungen von bis zu einer Stunde und Zugausfälle hinnehmen. Ursache war die völlige Überlastung der Umleitungsroute über Paderborn. „Die vorhandenen Strecken können solche Umleitungen kaum verkraften“, erklärt Engel. „Wenn doppelt so viele Fahrgäste wie heute und mehr Güter auf der Magistrale zwischen NRW und Berlin unterwegs sein sollen, wird sich auch das Chaos bei jeder Störung verdoppeln. Das heißt: Ohne Neubaustrecke ist eine Verkehrswende gar nicht möglich.“

Wenn die Bestandsstrecke über Minden ausgebaut würde, wie Bürgerinitiativen und einige Bundestagsabgeordnete das fordern, werden solche chaotischen Verhältnisse wochen- und monatelang zum Standard werden, befürchtet der Fahrgastverband PRO BAHN. „Dann werden Berufspendler nicht mehr zur Arbeit, Schüler nicht mehr zur Schule und Studenten nicht zu ihrer Vorlesung kommen, weil die Strecke von Bielefeld bis Hannover monatelang ganz gesperrt werden muss. Wir erleben gerade solche Verhältnisse vor den Toren von Frankfurt, wo die Zufahrt von Norden zwei Monate ganz gesperrt werden muss, um den Ausbau auf vier Gleise zu vollenden. Für die Verbindung vom Ruhrgebiet nach Amsterdam steht eine lange Sperrung erst in Aussicht, weil ein drittes Gleis gebaut wird. Fahrgäste zwischen Nürnberg und Bamberg mussten schon ein ganzes Jahr Vollsperrung aushalten, verteilt über viele Jahre, weil dort ein drittes und viertes Gleis gebaut wird. Nirgends in Deutschland ist aber eine Großstadt wie Bielefeld und ein so wichtiger Wirtschaftsraum ganz vom Fernverkehr abgeschnitten.“

Die Erneuerung von drei Bahnbrücken in Bielefeld in den Jahren 2018 und 2019 war nach Auffassung von PRO BAHN nur ein kleiner Vorgeschmack darauf, was mit dem Ausbau der Bestandsstrecke auf Ostwestfalen-Lippe zukommen würde. Allein 12 Bahnhöfe müssten grundlegend umgebaut werden. „Bisher ist Bielefeld nie monatelang vom ICE-Verkehr abgeschnitten gewesen. „Nur eine Neubaustrecke sichert, dass das auch zukünftig nicht geschieht“, erklärt Engel. „Ein Neubau wird, wenn er fertig ist, binnen weniger Tage angeschlossen.“

 


Kommentare

Kommentar von Axel Friese |

ein sehr gute Begründung!
Danke dafür!


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