Kein (Rats-) Bürgerentscheid zur Bonner Seilbahn

von Axel Sindram | Rechtsauffassung der Bezirksregierung Köln eröffnet Chancen für ÖPNV-Projekte

Die Gemeindeordnung NRW besagt im § 26 Abs. 5 Ziffern 4 und 5, dass ein Bürgerbegehren u.a. unzulässig ist, über Angelegenheiten, die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens oder eines förmlichen Verwaltungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung ... zu entscheiden sind. Für Stadtbahnanlagen besteht nach § 28 Abs.1 Satz 1 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) eine Planfeststellungspflicht. Das gleiche gilt für Seilbahnen, die dem ÖPNV dienen und auch für Fahrleitungsanlagen für (Batterie-) Obusse.

Auch der Bonner Stadtrat hatte anstelle einer eigenen Entscheidung beschlossen, über den Bau der Seilbahn die Bürgerschaft mit einem Ratsbürgerentscheid abstimmen zu lassen.

Diesem Vorgehen ist die aufsichtsführende Bezirksregierung Köln nunmehr entgegengetreten: Nicht nur ein Bürgerentscheid, sondern auch dieser geplante Ratsbürgerentscheid seien rechtlich nicht zulässig. Eine Bürgerbeteiligung ist Planfeststellungsverfahren vorgegeben. Hierbei können alle Bürgerinnen und Bürger ihre Anregungen und Bedenken einbringen.

 

Bewertung:

Der Auffassung der Kölner Bezirksregierung ist zuzustimmen:

Zu Recht nimmt die Gemeindeordnung NRW Gegenstände, die einem Planfeststellungsverfahren unterliegen, von der Mitwirkung durch Bürgerbegehren/Bürgerentscheid aus, weil die spezielleren Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren eine -mindestens- gleichwertige Bürgerbeteiligung gewährleisten. Schon im Vorfeld eines Vorhabens, das „nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf die Belange einer größeren Zahl von Dritten haben kann, ist die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig über die Ziele des Vorhabens, die Mittel, es zu verwirklichen, und die voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens zu unterrichten (frühe Öffentlichkeitsbeteiligung).“, § 25 Abs.3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG NRW).

Im vorgeschalteten Anhörungsverfahren zur Planfeststellung kann gemäß § 73 Abs. 4 VwVfG „jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, … Einwendungen gegen den Plan erheben. Diese sind durch die Planfeststellungsbehörde mit dem Träger des Vorhabens und den Betroffenen zu erörtern", § 73 Abs. 6 VwVfG. Im anschließenden Planfeststellungsbeschluss entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die „Einwendungen, über die bei der Erörterung keine Einigung erzielt worden ist„ , § 74 Abs. 2 Satz 1  VwVfG. Gegen einen Planfeststellungsbeschluss steht der verwaltungsgerichtliche Rechtsweg offen.

Mit diesem Verfahren ist eine umfassende Behandlung ggfs. entgegenstehender Belange und Interessen gewährleistet. Im Unterschied zu einem Bürgerbegehren entscheidet hier jedoch eine sachkundige Planfeststellungsbehörde, die von der Berechtigung der Einwendungen überzeugt werden muss. 

Es genügt hier also nicht, überraschten Passant(innen) mit ein paar Gruselgeschichten, falschen Zahlen oder Stammtischparolen eine Unterschrift zum Bürgerbegehren abzuluchsen und anschließend im „Wahlkampf“ eine Desinformationskampagne zu fahren.  Der Verweis auf das Planfeststellungsverfahren dient somit auch der Rückgewinnung von Seriosität und Professionalität in der Diskussion um ein Großvorhaben.

 

Ergebnis:

Es ist zu hoffen, dass sich diese Rechtsauffassung der Kölner Bezirksregierung allgemein und gerichtsfest durchsetzt. Die „Argumentationen“ der Projektgegner in der jüngsten Vergangenheit waren geprägt von zweifelhaften Zahlen,  Angstmache, groben Vereinfachungen und dem später nicht eingelösten Versprechen, sich ohne das Projekt für einen besseren ÖPNV engagieren zu wollen. Als Folge der Meinung der Bezirksregierung sind zudem alle Bürgerentscheide zu planfeststellungspflichtigen Vorhaben, abgesehen von ihrer ohnehin nur 3-jährigen Bindungsfrist, nunmehr gegenstandslos. Einer Wiederaufnahme von in Bürgerentscheiden abgelehnten ÖPNV-Projekten bzw. angepassten Neuplanungen stehen keinerlei rechtliche oder politische Bedenken mehr entgegen. Allerdings müssen die Stadträte, -zunächst der Rat der Stadt Bonn - dann auch Farbe bekennen und den Einstieg in das Planfeststellungsverfahren beschließen.

 

 


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