NRW-Grundsatzprogramm

5. Betrieb & Verkehr

5.1. Fernverkehr

Der Fernverkehr wird gegenwärtig eigenwirtschaftlich und in Eigenregie durch die Deutsche Bahn AG betrieben. Konkurrenz und Wettbewerb gibt es faktisch nicht. Der politisch vorgegebene Zwang zur Eigenwirtschaftlichkeit führt dazu, dass die DB nur dort Fernverkehr anbietet, wo ein Optimum an Rendite erzielt werden kann. Aber auch ein ausgeglichener Fernverkehr gehört zur Daseinsvorsorge und ist auch dort erforderlich, wo er nach rein marktwirtschaftlichen Kriterien nicht realisierbar ist. Fernverkehr soll stündlich, auf schwachen Linien mindestens zweistündlich an allen Wochentagen mindestens zwischen 7.00 und 21.00 Uhr in einem stringenten Takt angeboten werden.

Vor diesem Hintergrund fordert PRO BAHN, die nordrhein-westfälischen Großstädte Krefeld, Mönchengladbach und Siegen wieder qualifiziert an das nationale Fernverkehrsnetz anzuschließen. Ferner soll die sog. Mitte-Deutschland-Verbindung vom Ruhrgebiet und Kassel in Richtung Dresden wieder gestärkt und eine Verbindung mit Nacht- und Hochgeschwindigkeitszügen zwischen Köln und London eingerichtet werden. Der unzureichende Fernverkehr in die Niederlande ist auszubauen, wobei auch die Relationen Aachen – Eindhoven und Düsseldorf – Eindhoven einbezogen werden sollten.

5.2. Ticketkauf an Automaten

Der Fahrkartenverkauf in Nordrhein-Westfalen erfolgt entweder in Vor-verkaufsstellen, durch das Fahrpersonal oder durch Fahrausweisautomaten. Gerade bei  Verkauf durch Automaten kommt es immer wieder zu erheblichen Problemen.

Bei einigen Fahrkartenautomaten muss sich der Fahrgast bereits vor Beginn des eigentlichen Kaufvorgangs für einen bestimmten Tarif entscheiden. So stehen in der Regel drei verschiedene, sich gegenseitig ausschließende Tarifsysteme zur Auswahl: der NRW-Tarif, der DB-Tarif und der jeweilige Verbundtarif. Für den tarifunkundigen Fahrgast ist es unmöglich zu wissen, welchen Tarif er wählen muss. Die Automaten der Verkehrsverbünde halten in der Regel nur Fahrkarten ihres eigenen Tarifs vor.

PRO BAHN fordert daher umgehend eine grundlegende und landesweite Reform des Fahrkartenverkaufs durch Automaten. Alle Ticketautomaten müssen so programmiert werden, dass der Fahrgast im Dialogverfahren nur vier Fragen beantworten muss:

1. Von wo nach wo soll die Fahrt gehen?

Hier gibt der Fahrgast über eine Buchstabentastatur Start- und Zielort und ggf. Zwischenhalte der Fahrt ein. Gängige Ziele sollten über eine Direktwahl ausgewählt werden.

2. Wann soll die Fahrt durchgeführt werden?

Hier wählt der Fahrgast über einen Kalender und eine Uhr Datum und Zeit der Fahrt aus.

3. Wie viele Personen welchen Alters fahren gemeinsam?

4. Fahrausweisart

Hier werden dem Fahrgast alle für seine gewählte Strecke möglichen Fahrausweisarten angeboten. Unter diesen Angeboten wählt der Fahrgast ein Ticket aus.

Die Ticketautomaten müssen daher so programmiert sein, dass sie selbständig erkennen, welcher Tarif für die gewählte Verbindung einschlägig ist und welche Fahrausweisarten unter Berücksichtigung der gewünschten Reisezeit angeboten werden können. Dabei muss sichergestellt werden, dass auch sämtliche Sonderangebote angezeigt werden.

Von allen Automaten müssen Tickets zu allen Fahrzielen in Nordrhein-Westfalen und in die Nachbarräume sowie zu wichtige Zielen bundesweit und ins benachbarte Ausland lösbar sein. Hierzu müssen insbesondere die Automaten der Verkehrsverbünde neben ihrem eigenen Tarif auch den gesamten NRW-Tarif (nicht nur die Pauschaltickets) anbieten. Alle Automaten müssen Münzen und Banknoten annehmen. Zusätzlich soll die Möglichkeit der bargeldlosen Bezahlung vorangetrieben werden. Für den personenbedienten Fahrkartenverkauf gelten die gleichen Maßstäbe.

5.3. Fahrkarten im Vorverkauf

Die Nutzung von Fahrkarten, die im Vorverkauf erhältlich sind (Zeitkarten, Netzkarten, Mehrfahrtenkarten, Streifenkarten u. ä.) bietet sowohl den Fahrgästen als auch dem laufenden Betrieb Vorteile. Während den Fahrgästen bei den im Vorverkauf erhältlichen Fahrkarten in der Regel ein attraktiver Rabatt eingeräumt wird, werden beispielsweise im Busverkehr die Fahrer entlastet, da sie weniger Fahrkarten im Fahrzeug verkaufen müssen. Dies beschleunigt bzw. stabilisiert den Fahrplan.

Um diese Vorzüge noch intensiver nutzen zu können, setzt sich PRO BAHN dafür ein, den Anteil an Vorverkaufsfahrausweisen durch gezielte  Marketing-maßnahmen zu forcieren.

PRO BAHN setzt sich für ein flächendeckendes personenbedientes Vertriebsnetz von Fahrkarten ein. Die Einführung von E-Tickets scheint uns derzeit noch nicht ausgereift.

5.4. Fahrkartenverkauf im Zug

Der Fahrkartenverkauf durch das Personal in den Zügen darf nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Es gibt zahlreiche Haltepunkte und Bahnhöfe, die unbesetzt sind, bei denen die Fahrkartenautomaten nicht selten defekt sind, aber auch Fahrgäste, wie beispielsweise ältere Menschen, mit einem Fahrkartenkauf am Automaten schlichtweg überfordert sind. Bei einem Fahrkartenverkauf im Bus (insbesondere im ländlichen Raum) dürfen aufgrund fehlender Vorverkaufsmöglichkeit dem Fahrgast keine preislichen Nachteile entstehen.

5.5. Zuggattungen

In NRW müssen auch alle Privatbahnen die Bezeichnungen S, RB und RE sowie die landesweit eingeführten Liniennamen wie NRW-Express verwenden. Diese Angaben sind in allen Fahrplanmedien, Informationssystemen und Ansagen zu verwenden.

5.6. Fahrplanstabilität

PRO BAHN fordert, dass in den Verkehrsverträgen zwischen den SPNV-Aufgabenträgern und den Eisenbahnverkehrsunternehmen eine entsprechende Anzahl an Reservefahrzeugen und entsprechendem Personal vorgesehen sind, um auch bei unvorhergesehenen Ereignissen oder Betriebsstörungen eine angemessene Fahrplanstabilität gewährleisten zu können.

5.7. Baustellen, Ersatzverkehre & Störungsmanagement

Baustellen, Veranstaltungen oder akute Behinderungen machen oft Not- oder Umleitungsverkehre erforderlich. Gerade bei plötzlichen und unvorhergesehenen Ereignissen ist dann seitens der Verkehrsunternehmen oftmals Improvisationstalent gefordert. Leider funktioniert das sehr oft nicht. Sowohl geplante als auch kurzfristige Not- und Umleitungsverkehre sind oftmals schlecht ausgearbeitet oder berücksichtigen nicht die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten.

PRO BAHN fordert daher alle Verkehrsunternehmen auf, langfristige Umleitungsverkehre besser zu planen und für alle wichtigen Verbindungen, insbesondere zwischen Bahnhöfen und wichtigen Knotenpunkten bereits im Voraus Notfahrpläne für etwaige Betriebsstörungen zu entwerfen, die dann im Ernstfall sofort zum Einsatz kommen können. Dazu gehören auch einfache und klare Hinweisschilder bei Schienenersatzverkehren sowie ausreichend ortskundiges Personal. Beim Schienenersatzverkehr ist die Fahrradmitnahme sicher zu stellen.

DB Netz führt in den letzten Jahren auch auf zweigleisigen Strecken Bauarbeiten überwiegend nur noch mit Totalsperrung der Strecke, teilweise über mehrere Wochen, durch. Solche Totalsperrungen müssen wieder auf die zwingend notwendigen Fälle begrenzt werden. Für davon besonders betroffene Fahrgäste wie z.B. Berufspendler sind Ausgleiche wie die Möglichkeit der Unterbrechung des Ticketabos vorzusehen. Dort, wo es sinnvoll ist, sollten bei Schienenersatzverkehren auch zusätzlich beschleunigte Direktverbindungen an einen sinnvollen Knoten angeboten werden.

5.8 Informationssysteme

Als sehr kundenorientiert können die über den Internetauftritt der Deutschen Bahn abrufbaren Informationen über Unregelmäßigkeiten – sowohl kurzfristige wie länger geplante – bezeichnet werden. Negativ fällt dabei jedoch auf, dass die DB dabei nur über Fahrplanabweichungen bei Zügen ihres Konzerns informiert.

Hier sollte über die Aufgabenträger sichergestellt werden, dass die Deutsche Bahn über Abweichungen des gesamten Eisenbahnverkehrs informiert. Eine gegenseitige Weitergabe der Daten sollte verpflichtend geregelt werden.

PRO BAHN fordert die stetige Weiterentwicklung von Fahrgastinformationssystemen aller Art. Technisch mögliche Informationen dürfen den Fahrgästen nicht aus Gründen des Wettbewerbs vorenthalten werden.

5.9. Fahrplanwechsel

PRO BAHN setzt sich für einen einheitlichen Termin für den Fahrplanwechsel ein, und zwar für alle Verkehrsmittel landesweit.

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